Das Warten hat sich gelohnt. Endlich ist »Ich war noch niemals in New York« − Das Musical mit den Liedern von Udo Jürgens« wieder ins Ruhrgebiet gekommen. Aktuell wird das Potpourri seiner bekanntesten Songs − eingebettet in eine herrlich inszenierte Liebes- und Familiengeschichte mit Kreuzfahrtflair − im Colosseum Theater Essen präsentiert.
Etwas spät dran eilen wir zwei von reisemehrwert.com am Premierenabend quer durch die Passagen des nahegelegenen Einkaufzentrums Limbecker Platz und dann die Stahltreppen zu der attraktiven Location in stylischer Industriearchitektur empor. Hinter der Pforte erwartet uns ein riesiges Foyer und eine erwartungsvolle Menschenmenge, denen die Vorfreude auf
Ich war noch niemals in New York
schon im Gesicht geschrieben steht. Schnell noch ein Gläschen Sekt zur Begrüßung und schon ertönt, wie beim Ablegen eines Ozeanriesen, als Signal lautstark eine Schiffshupe und bittet alle Gäste, ihre Plätze an Bord einzunehmen. Schiff ahoi und Leinen los! Die musikalische (See)Reise in die Welt der Träume kann beginnen …..
Schon nach wenigen Minuten ist man mitten drin im Leben der attraktiven, selbstbewussten und quirligen Powerfrau Lisa Wartberg (wunderbar gespielt von Ann Mandrella), deren Gedanken sich einzig um den begehrten in Aussicht stehenden Fernsehpreis − als Krönung ihrer Laufbahn als Fernsehmoderatorin − drehen. Da kann man schon mal musikalisch im Voraus mit einem Ständchen gratulieren: ›Vielen Dank für die Blumen‹!
Kein Wunder, dass Lisa wenig Zeit für ernsthafte Beziehungen hat. Nicht einmal für ihre eigene Mutter Maria, die auf Anraten der Ärzte nach einer schweren Operation kurzerhand in einem Altenheim einquartiert wurde. Glücklicherweise hat die alte Dame (ausgezeichnet verkörpert von Gisela Kraft) dort die späte Liebe ihres Lebens, den sympathischen und fürsorglichen Otto Staudach (ebenfalls glänzend dargestellt von Gunter Sonneson), gefunden. Und da Liebe, Fernweh und Sehnsucht bekanntlich unheilbar sind, möchten sich die beiden einen letzten großen Traum erfüllen: »Einmal als Hochzeitsreisende auf einem Luxusliner über den großen Teich schippern«. Kurzentschlossen büchst das frischverliebte, im Herzen jung gebliebene Paar aus und bucht auf Rechnung von Tochter Lisa eine Kreuzfahrt nach New York …..
Mit Bestürzung erfährt Lisa beim nächsten Pflichtbesuch von der resoluten Heimleiterin Frau Dünnbügel (Gloria Wind), dass ihre Mutter zusammen mit ihrem Verlobten Otto das Weite gesucht hat. Zum gleichen Zeitpunkt läuft dort auch Ottos Sohn Axel (super besetzt von Karim Khawatmi) − mit seinem halbwüchsigen Sohn Florian (cool gespielt von Marlon) im Schlepptau − auf. Auch wenn sie sich sofort streiten; in einem Punkt sind sich Lisa und Axel einig: Es gilt, die beiden Ausreißer schnellstens wieder einzufangen und an Ort und Stelle zurückzubringen! Aber auwei, das Schiff hat bereits abgelegt …..
Was bleibt dem Trio ›wider Willen‹ da anderes übrig, als im Jeep von Fotosafari-Großwildjäger Axel zu Dritt ihrer Spur zu folgen, um in Genua (dem letzten Anlegehafen vor der großen Fahrt nach Übersee) zuzusteigen. Auf geht’s. Tempo, Tempo! Schließlich heißt das Zauberwort mit fünf Buchstaben bei der befehlsgewohnten Lisa Wartberg nicht ›bitte‹, sondern ›flott‹! Zusammen mit an Bord gehen in Genua auch Lisas ›flott‹ einbestellte treue rechte Hand Fred Hoffmann (toll gespielt von Uli Scherbel) und sein Mann Costa Antonidis (Gianni Meurer).
Das Versteckspiel in der exklusiven Honeymoon Sweet, die peppige Kostümparty und die lustige Verfolgungsjagd, die jetzt kreuz und quer die Reling rauf und runter auf dem Luxusliner abläuft − allen voran Lisa, immer in großem Stress wegen der täglich bevorstehenden Preisverleihung − , sollte man selbst miterlebt haben. Dank der amüsanten Verwechslungen & Missverständnisse und der hervorragend gesungenen passgerechten Evergreens von Udo Jürgens nimmt die Story immer mehr an Fahrt auf.
Trotz aller Hektik bleibt für alle Alt- und Jungverliebten an Bord aber doch genügend Zeit für romantische Stunden und so es bleibt es nicht aus, dass es zwischen Lisa und Axel immer mehr funkt ♥. Und da man sich auf einem Schiff − und mag es noch so groß sein − auf Dauer nicht wirklich aus dem Weg gehen kann, kommt es auf der außergewöhnlichen Reise zu ersten Annäherungen zwischen den beiden Beziehungsproblembären, sowie zu längst überfälligen, zu Herzen gehenden Aussprachen zwischen Mutter und Tochter, wie auch zwischen Vater und Sohn. Bis zum Schluss bleibt die Spannung erhalten, ob es noch zu einem Happyend zwischen Lisa und Axel kommt.
Das Musical
Ich war noch niemals in New York
ist nicht nur ein gelungenes Musiktheaterstück, in dem sich Gesang, Tanz, Schauspiel und Musik mit einem durchgängigen Handlungsstrang verbinden, sondern auch ein Feuerwerk an witzigen, pointieren Schlagfertigkeiten. Sei es vor Lachen − oder auch vor Rührung, − wenn die Bühnenkünstler*innen zur Musik von Udo Jürgens populären Schlagern und Chansons tanzen, singen, lieben und leiden, bleibt kein Auge trocken. Die stimmige Kulisse, die jede Menge Hafen-, Kreuzfahrt und Broadway-Atmosphäre vermittelt, die hervorragende Choreographie, die Dekoration und die Kostüme tragen gelungen dazu bei, dass das Gute-Laune-Stück mit Tiefgang, − das gekonnt mit Sehnsüchten und Fernweh, unerwarteter Liebe auf den ersten Blick und spätem Glück spielt − , Lust auf mehr von seinesgleichen macht. Schade, dass aus der Feder des Meisters niemals wieder Noten und Texte fließen werden. Merci, Udo!
Auf der Webseite der australischen Dirigentin Rebecca Lang, unter deren Leitung seinerzeit auch im Deutschen Theater in München das Orchester live Udo Jürgens Musik zu »Ich war noch niemals in New York« spielte, fanden wir einen Hinweis auf nachfolgenden Presseeintrag: „Falls Udo zugeschaut hat, dann hatte er einen fantastischen Abend dort oben auf seiner Wolke. Genau wie das Publikum im Deutschen Theater. Denn die München-Premiere des Udo-Jürgens-Musicals ›Ich war noch niemals in New York‹ war ein rauschender Erfolg. Seit 2007 ist das Stück jetzt schon unterwegs und wirkt trotzdem taufrisch wie Udo damals 1966 beim Grand Prix. Da riecht nichts nach Bohnerwachs und Spießigkeit, da kommen Musical-Fans ebenso auf ihre Kosten wie Musical-Skeptiker. Und wer nach drei Stunden rausgeht, würde am liebsten am nächsten Tag gleich wieder reingehen. Eine Show wie ein Lied von Udo: Gerne öfter!“ (Münchner Merkur 2015, Jörg Heinrich).
Besser können auch wir unseren Eindruck von der Premierenvorstellung im Colosseum Theater Essen am 4. November 2016 nicht wiedergeben!
Das »Ich war noch niemals in New York«-Ensemble gastiert noch bis zum 11. Dezember 2016 in Essen.