Mittlerweile zum 4. Mal hintereinander waren wir zwei Leseratten für unseren Blog lesemehrwert.de auf der Frankfurter Buchmesse 2018 unterwegs. Wer als Bücher- und Literaturfan hier nicht auf seine Kosten kommt, ist selbst schuld. Ehrengastland dieser weltgrößten Fachmesse rund um Bücher und Literatur war in diesem Jahr der Kaukasus-Staat Georgien.
Vom 10. bis 14. Oktober 2018 konnte man in den riesigen Messehallen nicht nur wie immer jede Menge renommierten und neusten Lesestoff aus aller Herren Länder entdecken, sondern auch wieder viele hochinteressante Lesungen, Büchervorstellungen und gesellschaftspolitische Diskussionen mit prominenten Autoren, Politikern und Größen aus Kulturszene und Showbusiness hautnah live erleben.
Frankfurt steht für Willkommenskultur
Am Stand der Frankfurter Rundschau (FR) sprach sich der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) am ersten Messetag noch einmal für ein solidarisches Miteinander und eine uneingeschränkte Willkommenskultur in seiner Stadt aus und wiederholte gegenüber Moderator Claus-Jürgen Göpfert (FR) und allen Anwesenden die Worte aus seiner Eröffnungsrede vom Vortag: „In Frankfurt haben wir keinen Platz für Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung“.
Nicht nur eine ›Haymat‹
Im Laufe der nächsten drei Tage führte unser Rundgang an etlichen informativen und unterhaltsamen Veranstaltungen vorbei. Beim ZEIT-Magazin trafen wir gleich zwei Medienberühmtheiten an, die sich zum Interview mit Moderatorin Marieke Reimann eingefunden hatten.
- Frank Thelen, den Benjamin der populären TV-Show »Die Höhle der Löwen«, der hier seine auch von uns rezensierte Autobiografie »Startup-DANN. Hinfallen, aufstehen, die Welt verändern«, vorstellte.
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Überraschungsgast Dunja Hayali: Die coole, ebenso authentische wie sympathische Journalistin und TV-Moderatorin mit irakischen Wurzeln präsentierte – wie zuvor schon am FAZ-Stand – ihre neue Publikation »Haymatland • Wie wollen wir zusammenleben?« und filmte auch hier erst einmal mit ihrem Handy ein kurzes Video vom versammelten Publikum. „Eigentlich habe ich nicht nur eine, sondern drei Heimaten”, ließ sie ihre zahlreich erschienenen Fans wissen. „Meine Geburtsstadt Datteln, die Domstadt Köln, in der ich studiert habe und Berlin, die Stadt, in der ich heute lebe.”
Vorwärts oder abwärts?
Auf dem immer gut frequentierten Stand der Zeitung der deutschen Sozialdemokratie »Vorwärts« erlebten wir nachstehende Diskussionsrunden:
- Autor Martin Klingst, SPD-Vizechef Ralf Stegner (Harvard-Absolvent & Sozial-Politiker aus Leidenschaft) und Moderator Kai Doering anlässlich der Besprechung der Publikation »Trumps Amerika • Reise in ein weißes Land«.
- Michel Friedman, Renan Demirkan und Moderatorin Birgit Güll bei ihrer Diskussion über das Sachbuch »Wenn ich mir was wünschen dürfte. Impulse für eine Demokratie der Moderne«.
Vorgenanntes Buch wurde von mehr als 40 namhaften Künstlern, Medienvertretern, Schauspielern, Journalisten, Wissenschaftlern, Unternehmern und Sportlern mit dem hehren Ziel verfasst, unsere offene Gesellschaft und Demokratie zu schützen, zu vertiefen, auszubauen und solidarischer zu gestalten.
- Den jungen Politikberater Erik Flügge, Autor des Sachbuchs »Deutschland, Du bist mir fremd geworden. Das Land verändert sich – und wir uns mit?« im Gespräch mit dem SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil und Moderatorin Katharina Gerlach.
- Die Vorstellung der Publikation »Steuern – Der große Bluff« des wegen seines Kaufs von »Steuersünder-CDs« europaweit populär gewordenen Ex-Finanzministers NRW Norbert Walter-Borjans mit Moderator Jonas Jordan.
Fremde oder Freunde?
Bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) verfolgten wir diese beiden interessanten Auftritte:
- Den Juristen Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio (Richter am Bundesverfassungsgericht a. D.) – Autor von »Die Weimarer Verfassung • Aufbruch und Scheitern« – im Gespräch mit Moderator Reinhard Müller.
- Den Deutsche-Welle-Moderator Jaafar Abdul Karim in einer Diskussion über seine neue Publikation »Fremde oder Freunde? Was junge arabische Community denkt, fühlt und bewegt« mit dem Journalisten und Islam-Wissenschaftler Rainer Hermann. Der junge deutsch-arabische Autor erreicht mit seiner Sendung »Shababtalk« ein Millionenpublikum von Marokko bis Oman.
Die rechte Ecke
Um uns über den Fortschritt der »Gemeinsamen Erklärung 2018« zu informieren, suchten wir auch den etwas versteckten Stand der Jungen Freiheit auf, den die Messeleitung separiert sozusagen in die rechte Ecke verbannt hatte.
- Zu Gast war dort die Initiatorin dieser regierungskritischen Petition, die Ex-DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld, um über ihre Anhörung vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu berichten, zu dem sie jüngst geladen und in Begleitung des bekannten Kolumnisten und Autors Henryk M. Broder − der regelmäßig sowohl bei Welt-Online, als auch auf seinem gesellschaftspolitischen Blog »Achse des Guten« publiziert − , erschienen war.
Apropos rechte Ecke: Wie man später in den Medien lesen konnte, ist es dem ausgefuchsten Götz Kubitschek − der sich als Verleger von neurechter, nationalkonservativer, patriotischer Lektüre einen Namen gemacht hat − gelungen, sich nicht wie die ›Junge Freiheit‹ ins Abseits schieben zu lassen, sondern dem Veranstalter mit einem loki-reifen Schachzug ein Schnippchen zu schlagen.
Weltempfang
Last but not least besuchten wir auf einer beiden Weltempfang-Bühnen in Halle 4.1 noch die nachfolgende instruktive Diskussion:
- »Ziviles Engagement statt Sozialstaat? Möglichkeiten und Grenzen privat organisierter Hilfe« mit der Journalistin Tabea Grzesyk, dem Journalisten, Historiker & Autor des Sachbuchs »Helfen • Warum wir für andere da sind«, Tillmann Bendikowski unter Moderation von Jenny Friedrich-Freksa. Hier drehte sich alles um die bestmögliche Unterstützung von Geflüchteten und Migranten. Ein brisantes und hochemotionales Thema, zu dem die Journalistin Tabea Grzesyk, die auf der griechischen Insel Lesbos das Flüchtlingselend mit eigenen Augen gesehen hat, mit persönlichen Erkenntnissen beitragen konnte.
Selbst schuld …
Verpasst, bzw. zeitlich nicht mehr geschafft haben wir leider die Buchvorstellungen und Gespräche bei »Vorwärts« mit
- Sineb El Masrar (Jüngste Publikation »Muslim Men. Wer sie sind, was sie wollen«)
- Ahmad Mansour (Jüngste Publikation »Klartext zur Integration • Gegen falsche Toleranz und Panikmache« mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Boris Pistorius (SPD).
Zu spät vor Ort, versäumten wir auch die beiden folgenden rappelvoll besuchten Veranstaltungen:
- »Deniz Yücel im Gespräch« — Eine Diskussion im neuen Frankfurt-Pavilion auf dem Agora-Platz zwischen dem Autoren und Journalisten Deniz Yücel und dem Börsenvereins-Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis. Thema: Die Situation von Autorinnen und Autoren, Journalistinnen und Journalisten in der Türkei und die Debattenkultur in Deutschland.
- Die Lesung von Thilo Sarrazin im Lesezelt aus seinem jüngsten islamkritischen Sachbuch »Feindliche Übernahme«, das uns zur Rezension vorliegt.
Was sonst noch geschah
Großen Medienrummel und zum Teil wütende Demonstranten gab es am Freitagnachmittag zu beobachten, als sich herumgesprochen hatte, dass sich der wohl bekannteste und umstrittenste deutsche Nationalist Björn Höcke (AfD) zu einer Lesung aus seiner autobiografischen Publikation »Nie zweimal in denselben Fluss« angesagt hatte. Statt Höcke, Ausbuhen und Trillerkonzert, wurde dem neugierig über den Brüstungen an den abgesperrten Rolltreppen hängenden Publikum ein kabarettistisches Spektakel der besonderen Art geboten: Der Auftritt des Satirikers und Politikers Martin Sonneborn (»Die Partei«), der – verkleidet als Graf von Stauffenberg mit schwarzer Augenklappe, Wehrmachtsuniform und Aktentasche – vergeblich versuchte, zu der von jeder Menge Security und Polizei abgeschirmten Veranstaltung vorzudringen.
Weniger Fachbesucher, mehr Publikum
„Mit einem Besucherplus von 0,8 Prozent am Messewochenende und einem Rückgang von 1,8 Prozent an den Fachbesuchertagen ist die 70. Frankfurter Buchmesse am Sonntag zu Ende gegangen. Insgesamt kamen laut Messestatistik 285.024 (2017: 286.425) Besucherinnen und Besucher auf das Messegelände”, resümierte boersenblatt.net über die
Frankfurter Buchmesse 2018
und merkte gleichzeitig an: „Die Zahl der Fachbesucher, die aus dem Ausland nach Frankfurt gereist sind, ist laut Messestatistik deutlich gestiegen”.
Zum Schluss noch unser persönlicher Tipp
für unsere Leser und uns selbst, um beim nächsten Mal auf der größten Buchmesse der Welt möglichst nichts Interessantes zu verpassen: App mit Veranstaltungskalender rechtzeitig runterladen, sorgfältig planen und vor allem pünktlich(er) kommen! 🙂
Ein Gedanke zu „Frankfurter Buchmesse 2018“